Das Ende eines Turniers bildet üblicherweise die Siegerehrung: Eine pompöse Veranstaltung mit jubelnden Fans, Champagnerduschen, Konfettikanonen sowie „We are the Champions“ aus überdimensionalen Boxen dröhnend. Jedenfalls, wenn es sich nicht um ein Amateur-Tischtennisturnier handelt.
Erstveröffentlichung am 07.02.2022 auf mytischtennis.de
Beim Spiel mit dem kleinen weißen Plastikball ist einmal mehr alles anders. Wobei es sich diese neumodischen Race-Turniere natürlich besonders einfach machen und gleich ganz auf all diesen Schnickschnack wie Siegerehrungen etc. verzichten. Die Ergebnisse kann man ja ohnehin morgen umfangreich im Internet nachlesen.
Bei herkömmlichen Turnieren findet normalerweise schon noch eine Siegerehrung statt – oder zumindest das, was der Veranstalter dafür hält. Da bei Abschluss der niedrigeren Wettkampfklassen das Turnier zumeist parallel immer noch läuft, reicht es hierbei oftmals nur zu einer sehr abgespeckten Siegerehrungs-Version irgendwo im Geräteraum der Turnhalle. Schließlich hat kein Crack jenseits der Verbandsliga irgendeine Art von Verständnis dafür, dass er sein besonders wichtiges zweites Vorrundenspiel unterbrechen muss, nur weil Horst aus Hoyerswerda und Manni aus München selbst mit künstlichen Hüften noch irgendeinen krummen Pokal bei den Ü70-Senioren überreicht bekommen.
Also: Geräteraum. Auch hier gilt es natürlich noch, mit gedämpfter Stimme zu sprechen, um nur ja niemanden zu stören, der gerade brüllend einen Vorhandcross-Winner abfeiert. So ist der vortragende Turnierorganisator – der ohnehin kaum von seinem Schmierzettel aufblickt – kaum zu verstehen, wenn er – von hinten beginnend und immer wieder betonend, wie eng doch alle Entscheidungen waren – die acht Bestplatzierten vorliest. Von denen zwei bereits auf dem Heimweg, einer beim Rauchen vor der Halle und zwei weitere noch unter der Dusche sind.
Einer der anwesenden Honoratioren (oder das, was der Veranstalter dafür hält) lässt es sich natürlich nicht nehmen, im Anschluss noch eine etwas launige Rede zu halten, schließlich macht er dies öfters und hat daher eine gewisse Routine. Allerdings wird im Verlauf des mäandernden Vortrages nicht ganz klar, ob er sich das Turnier vorher wirklich angesehen hat – schließlich hat hier niemand einen Doppelfehler oder gar ein schönes Grundlinienduell gesehen. Den stolzen Siegern werden dann noch Pokale (oder das, was der Veranstalter dafür hält) im Design von Modeschmuck von H&M überreicht. Wobei es normalerweise nur zwei Möglichkeiten gibt: Entweder gibt es Pokale in Hülle und Fülle für jeden, der nicht schon im Doppel-Achtelfinale ausgeschieden ist. Oder aber Roswitha, die Frau des Abteilungsleiters des ausrichtenden Vereins, hat alle Pokale vorgestern versehentlich im Sperrmüll entsorgt.
Natürlich erhält jeder Platzierte noch eine Urkunde (oder das, was der Veranstalter dafür hält) auf bereits leicht vergilbten Formdrucken aus den späten Neunziger- oder frühen Nuller-Jahren, welche in der Hektik traditionell schief ausgedruckt wurden und auf der die Tinte von der ohnehin unleserlichen Unterschrift des Turnierleiters verschmiert wurde. Beim Namen des Spielers fehlt entweder ein Buchstabe oder aber es ist ein Buchstabe zu viel vorhanden, aber mit ein bisschen Glück stimmt wenigstens die Platzierung. Für das Abheften zu Hause mitsamt Klarsichtfolie im Ordner mit der Aufschrift „Tischtennis-Erfolge“ reicht es jedoch allemal.
Hinzu kommen natürlich die obligatorischen Sachpreise (oder das, was der Veranstalter dafür hält), gestiftet von der örtlichen Wirtschaft. Bei besser organisierten Turnieren handelt es sich dabei um einen üppigen Fresskorb, ein Frischklebeset oder ein neues Trikot in XXXL, bei schlechter organisierten Turnieren gibt es lediglich eine Packung Maoam, orangefarbene 38mm-Bälle oder aber ein wenig männliches Duschgel mit Himbeerduft.
Anschließend treten die abgekämpften Gestalten noch für ein Siegerfoto zusammen, das natürlich immer verwackelt und erst recht viel zu dunkel ist (der Hausmeister wollte schon lange mal die Glühbirne im Geräteraum erneuern). Außerdem geht aus dem Schnappschuss nie hervor, wer eigentlich das Turnier gewonnen hat und wer sich einfach nur auf dem Foto herumdrückt, weil er Teil des Organisationsteams ist und morgens die Tische mit aufgebaut hat. Zu guter Letzt wird das Foto zuverlässig immer sechs bis acht Wochen später auf einer der hinteren Seiten des Lokalblattes abgedruckt, irgendwo zwischen Anzeigen für zwielichtige Thai-Massagen und noch zwielichtigeren Autohändlern.
In diesem Sinne: Ein dickes Dankeschön an Wolle, Steffi und das ganze Orga-Team und bis zum nächsten Jahr!
In dieser Serie bereits erschienen:
Die Phasen eines Tischtennis-Turniers – Folge #1: Die Anfahrt
Die Phasen eines Tischtennis-Turniers – Folge #2: Das Einspielen
Die Phasen eines Tischtennis-Turniers – Folge #3: Die Vorrunde
Die Phasen eines Tischtennis-Turniers – Folge #4: Die Mittagspause
Die Phasen eines Tischtennis-Turniers – Folge #5: Die Doppelrunde
Die Phasen eines Tischtennis-Turniers – Folge #6: Die KO-Runde
Die Phasen eines Tischtennis-Turniers – Folge #7: Das Finale